Glossar

Worte sind wichtig, und die Art und Weise, wie wir sie gebrauchen, hat Auswirkungen darauf, wer und was uns wichtig ist und wie wir wen oder was wahrnehmen. Das Hinterfragen der Denkweisen, die unsere Beziehung zur Umwelt* prägen, ist ein zentraler Bestandteil der Ausstellung Dear2050:Entangled Forests. Dazu gehört es auch, die eigene Sprache zu reflektieren und sie als Werkzeug für die Entwicklung neuer Perspektiven und Ideen zu verstehen. Das Glossar erläutert unser Verständnis verschiedener Begriffe, die in der Ausstellung und im Katalog zu finden sind.

Anthropozän

Der Begriff Anthropozän stammt vom griechischen Wort Ánthropos (Mensch*). Er wurde als Bezeichnung für die aktuelle geologische Epoche vorgeschlagen und wird immer populärer. Vor allem seit Beginn der Industrialisierung wurde der Einfluss der Menschen auf der Erde* zu einer dominierenden Kraft, und menschliche Aktivitäten prägen alle Ökosysteme* und selbst die Geologie der Erde massgeblich.

Der Begriff wird allerdings auch kritisiert. Erstens vernachlässigt er die Bedeutung nicht-menschlicher* Akteure und Prozesse für die Gestaltung der Ökosysteme und der Geologie der Erde. Die Bezeichnung verstärkt eine Sichtweise, welche die Menschen als von ihrer Umwelt* getrennt und als ihr überlegen betrachtet. Zweitens fasst der Begriff Anthropozän die gesamte Menschheit in einer einzigen Kategorie zusammen. Die Auswirkungen menschlicher Aktivitäten auf die Umwelt sind in verschiedenen Kulturen, Gesellschaften und Regionen sehr unterschiedlich. Es gibt grosse Machtgefälle zwischen verschiedenen Gruppen von Menschen, und die Folgen der Umweltzerstörung wirken sich auf benachteiligte Gemeinschaften ganz anders aus als auf privilegierte Gruppen. Diese Unterschiede vernachlässigt der Begriff.

Ästhetik, ästhetisch

Die Ästhetik befasst sich mit der Frage, warum manche Kunstwerke, Objekte, Tiere* oder auch Landschaften Menschen* gefallen und andere nicht. Sie untersucht, wie Dinge wahrgenommen und bewertet werden. Im allgemeinen Sprachgebrauch wird ästhetisch oft mit schön gleichgesetzt. Eigentlich ist Ästhetik aber die Lehre von der Wahrnehmung bzw. vom sinnlichen Anschauen. Ästhetisch ist demnach alles, was unsere Sinne bewegt, wenn wir es wahrnehmen.

Artenvielfalt

Siehe Biodiversität*.

Atmosphäre, atmosphärisch

Die Atmosphäre bezeichnet die dünne Schicht aus Gasen, die einen Planeten umgibt. Die Atmosphäre der Erde*, die Luft, hat sich immer wieder verändert und besteht heute zum grössten Teil aus den Elementen Stickstoff und Sauerstoff. Als atmosphärisch gelten Dinge oder Prozesse, die dieses Gasgemisch betreffen.Als Atmosphäre wird aber manchmal auch die Stimmung innerhalb einer Gruppe, in gewissen Räumen oder Umgebungen bezeichnet.

Beziehungsgeflecht

Siehe Verstrickung*.

Biosymphonie

Als Symphonie wird das Zusammenklingen verschiedener Instrumente oder Stimmen bezeichnet; Bio bedeutet Leben. Eine Biosymphonie kann demnach als das Zusammenspiel des Klangs oder der Geräusche verschiedener Lebensformen verstanden werden.

Biodiversität vs. Artenvielfalt

Biodiversität ist in den Wissenschaften ein Bewertungsmassstab für die Fülle und Vielfalt unterschiedlichen Lebens in einem bestimmten Gebiet. Mit Biodiversität kann die häufig sichtbar unterscheidbare Zahl der genetischen Varianten unter den Mitgliedern derselben Art gemeint sein, die Vielfalt der verschiedenen Arten an einem Ort, oder die Menge unterschiedlicher Ökosysteme* in einem Gebiet. Die Artenvielfalt* beschreibt die Anzahl verschiedener Arten. Die weltweite Biodiversität ist durch die Auswirkungen menschlichen* Handelns in Gefahr. Ihr Erhalt ist eine der wichtigsten Herausforderungen für das Überleben der menschlichen Spezies.

Entanglement, entangled

Siehe Verstrickung*.

Erde

Die Erde ist ein Planet mit einem Alter von etwa 4,54 Milliarden Jahren, dessen Beschaffenheit und Atmosphäre* gute Bedingungen für das Entstehen von Leben bieten. Die Erde mit ihrem planetaren Beziehungsgeflecht* ist nicht nur eine Welt* für Menschen*, sondern für alle Lebensformen. Wir versuchen deshalb, sprachliche Besitzansprüche wie die Formulierung «unser Planet» zu vermeiden.

Flüchtige organische Verbindungen (VOC)

Flüchtige organische Verbindungen (VOC) sind chemische Verbindungen, die als Gase aus festen oder flüssigen Stoffen in die Luft abgegeben werden.

VOCs sind flüchtig, weil sie bei Raumtemperatur leicht verdampfen, und sie sind organische* Verbindungen, weil sie Kohlenstoff enthalten. Bäume sind nicht nur Sauerstofflieferanten, sondern sie atmen auch. Dabei stossen sie grosse Mengen VOC aus, die wir als Duft des Waldes wahrnehmen können. Die Auswirkungen dieser flüchtigen organischen Emissionen auf das Klima* sind komplex und bisher wenig erforscht.

Immersive Technologie

Die Bezeichnung immersiv leitet sich vom Wort Immersion ab, das so viel wie Einbetten oder Eintauchen bedeutet. Immersive Technologien betten virtuelle Inhalte in die physische Umgebung der Betrachtenden ein. Immersive Technologien, etwa Virtual Reality (VR) oder Augmented Reality (AR), bilden die Realität entweder komplett virtuell ab (VR) oder reichern sie mit ausgewählten virtuellen Informationen an (AR).

Klima, Klimawandel, Klimaerwärmung, Klimaveränderung

Das Klima beschreibt den durchschnittlichen Zustand der Erdatmosphäre* an einem bestimmten Ort innerhalb eines bestimmten Zeitraums. Es ist ein statistisch ermittelter Durchschnitt des Wetters über mindestens 30 Jahre. Der Klimawandel ist eine weltweit auftretende Veränderung des Klimas über einen längeren Zeitraum. Der menschgemachte Klimawandel bringt so rasche und einschneidende Veränderungen mit sich und hat so verheerende Auswirkungen, dass auch von einer Klimakrise gesprochen wird.

Koexistenz, koexistieren

Koexistieren bedeutet Nebeneinander bestehen. Koexistenz beschreibt das Zusammenleben von mehreren Lebensformen im gleichen Lebensraum, ohne dass es zur gegenseitigen Verdrängung kommt. Koexistierende Organismen bzw. Arten stehen in wechselseitigen Beziehungen zueinander. Mit der Forderung nach Koexistenz ist das Zusammenleben und nebeneinander Bestehen von menschlichen* und nicht-menschlichen* Subjekten gemeint. Dies umfasst je nach Definition alle Lebewesen* und zum Teil auch technologische Dinge. Die Idee vom Leben in Koexistenz bedeutet auch die Abschaffung aller Diskriminierungsformen, Machtgefälle und Ausbeutungsbeziehungen und bildet die Grundlage für das Fortbestehen des Lebens auf der Erde*.

Körper, körperlich

Alles, was eine Ausdehnung hat, also eine dreidimensionale Figur ist, ist ein Körper. Wenn wir von Körper sprechen, stellen wir uns jedoch meist einen menschlichen* Körper vor.

Was könnte sonst noch gemeint sein? Beziehen wir uns auf ein Objekt, einen Menschen*, ein Tier*, eine Materialität, eine Idee? Was macht einen Körper aus und wo sind seine Grenzen?

Lebewesen

Siehe Organismus*.

Mehr-als-menschlich

Das Mehr-als-Menschliche bezieht sich auf die komplexen und vernetzten Beziehungen, die zwischen Menschen* und nicht-menschlichen* Körpern* wie Tieren*, Pflanzen*, Ökosystemen* und sogar Dingen wie Felsen und Flüssen bestehen.

Wie lassen sich die Grenzen des Mensch-Seins ausloten? Mehr-als-Menschliches Denken und Handeln geht über das menschliche Subjekt hinaus und schlägt einen neuen Weg der Koexistenz* vor, in dem Verstrickung*, Vernetzung und Verbindung mit nicht-menschlichen* Akteur:innen im Vordergrund stehen.

Mensch, Menschen, menschlich, menschzentriert

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Metamorphose

Wenn eine Kreatur oder eine Form sich in eine andere verwandelt, spricht man von einer Metamorphose.

Natur, natürlich

Vor allem im Sprachgebrauch westlicher Kulturen wird Natur als alles, was nicht von Menschen* geschaffen wurde, verstanden. Das Gegenteil dazu bildet alles Künstliche oder Kulturelle. Eine Trennlinie zwischen Mensch und Natur gibt es allerdings nicht wirklich. Vielmehr ist die gesamte belebte und nicht-belebte Umwelt* ein Geflecht aus Beziehungen*, welches die Menschen miteinschliesst. Jedes Lebewesen* und jedes Element besteht nur als Teil eines Netzwerks aus Beziehungen zu seiner Umwelt. Durch die Trennung wird die Natur zu etwas Fremden. Wir vermeiden deswegen den Begriff Natur. Da es (noch) keinen Begriff gibt, der Natur und Mensch als Gruppe zusammenfasst, sprechen wir deshalb von Lebewesen und ihrer Umwelt.

Nicht-Mensch, nicht-menschlich

Nicht-menschlich können andere Lebewesen* und ohne menschliches* Zutun zustande gekommenen Erscheinungen sein, aber ebenso von Menschen geschaffene Objekte. Einerseits trennt der Begriff alles nicht-menschliche vom Menschen ab und ist deshalb menschzentriert (anthropozentrisch). Andererseits zieht er keine Grenze zwischen Natur* und Kultur. Das Begriffspaar Mensch* – Nicht-Mensch dient dazu, alle Teile eines Netzwerks zusammenzufassen.

Objektivierung

Bei einer Objektivierung wird ein Sachverhalt idealerweise ohne äussere Einflüsse oder Vorwissen beurteilt und beschrieben. Eine objektive Beurteilung sollte verallgemeinerbar sein. Durch eine Objektivierung geht aber auch Bedeutung verloren, zum Beispiel wenn eine ganze Persönlichkeit auf ihren Körper* objektiviert und damit reduziert wird.

Ökologie, ökologisch

Nach ihrer ursprünglichen Definition ist die Ökologie die Wissenschaft der Wechselbeziehungen von Lebewesen* untereinander und zu ihrer unbelebten Umwelt*. Immer öfter wird der Begriff auch zur Bezeichnung der Gesamtumweltsituation verwendet und ist dadurch verwaschen. Das Adjektiv ökologisch beschreibt Dinge, die etwas mit der Wechselbeziehung zwischen Lebewesen und ihrer Umwelt zu tun haben. Es wird umgangssprachlich aber auch als Ausdruck für eine menschliche* Haltung oder ein Handeln verwendet, das schonend mit der Umwelt* umgeht.

Ökosystem

Ein Ökosystem setzt sich aus belebten und unbelebten Komponenten zusammen. Das Ökosystem Wald zum Beispiel umfasst eine bestimmte Lebensgemeinschaft von Organismen*, die einen Lebensraum aus Gestein, Boden, Wasser und Luft besiedelt. Diese verschiedenen Komponenten bilden eine dynamische Gemeinschaft und stehen in Wechselwirkung zueinander – ein Ökosystem.

Organismus, organisch

Ein Organismus ist ein einzelnes Lebewesen*. Es besteht aus einer selbständigen Zelle oder aus mehreren verbundenen Zellen. Ein Organismus hat einen Stoffwechsel, wächst und pflanzt sich fort. Zu den Lebewesen gehören Pflanzen, Tiere, Pilze, Algen, Bakterien und Urbakterien.

Als organisch kann alles bezeichnet werden, was lebt oder einmal gelebt hat. Aus chemischer Sicht ist alles organisch, was Kohlenstoff enthält.

Pflanze, pflanzlich

Pflanzen sind eine Gruppe von Lebewesen*, die sich nicht fortbewegen und Photosynthese betreiben. Das bedeutet, dass sie keine organische* Nahrung benötigen. Sie produzieren mit Hilfe von Lichtenergie selbst energiereiche organische Verbindungen. Pilze, Algen und Bakterien betreiben auch Photosynthese, bilden aber jeweils eigene Gruppen von Lebewesen.

Spekulativ

Als spekulativ gelten Ideen und Gedanken, welche die reine Erfahrung überschreiten und über die Grenzen der wissenschaftlich gesicherten Erkenntnis hinausgehen. Spekulative Ideen können ausserhalb dessen liegen, was wir als möglich erachten, sozusagen Unmögliches beschreiben. Sie haben deswegen die Kraft, die Grenzen der Erfahrung und der wissenschaftlichen Erkenntnis zu erweitern.

Symbiose, symbiotisch

Wenn zwei unterschiedliche Arten von Lebewesen* in einer Symbiose zusammenleben, dann unterstützen sie sich gegenseitig. Beide gewinnen durch diese Beziehung Vorteile.

Tier, tierisch

Tiere sind eine Form von Lebewesen*, welche sich von anderen Organismen* oder deren Produkten ernähren. Biologisch gesehen sind auch Menschen* Tiere. Post-feministische Bewegungen setzen sich dafür ein, Tiere nicht als den Menschen unterlegen zu sehen.

Umwelt

Die Umwelt eines Lebewesens* umfasst alles, was zu ihm in einer Beziehung steht. Damit ist alles gemeint, was das Lebewesen umgibt, auf es einwirkt und seine Lebensbedingungen beeinflusst – und umgekehrt. Um den Begriff Natur* zu vermeiden, sprechen wir oft von Lebewesen und ihrer Umwelt.

Ursprung, ursprünglich

Das Wort Ursprung geht davon aus, dass es einen Zustand gibt oder gab, der unveränderlich ist, und aus dem alles andere sich entwickelt hat. Eigentlich ist aber alles stetig im Wandel. Viele Naturschutzmassnahmen wollen Landschaften in ihrem Ursprungszustand erhalten – einen solchen gibt es nicht. Das Wort ursprünglich wird oft synonym mit natürlich* verwendet.

Verstrickung, verstrickt

Verstrickung ist ein interessantes Wort. Unter Verstricken könnten wir das Vereinen von Fäden zu einem Gewebe verstehen. Wenn sich etwas verstrickt, wird es Teil eines Gewebes oder eines Netzwerks. Verstrickungen sind dabei die unzähligen Verbindungen und Beziehungen zu allem, was sonst noch Teil dieses Gewebes ist, sie sind ein Beziehungsgeflecht*. Der Begriff wurde zum Ausdruck für die Art, wie alles auf der Welt* miteinander verbunden ist, in Beziehung steht und aufeinander einwirkt. Nach der Idee der Koexistenz* ist alles miteinander verstrickt (entangled).

Verflechtung, verflochten

Siehe Verstrickung*.

Welt

Umgangssprachlich wird das Wort Welt synonym für Erde* gebraucht. Manchmal bezeichnet es aber auch alles, was existiert. Oder es bezeichnet einen abgegrenzten Teilbereich, ein System. Die Pflanzenwelt zum Beispiel steht für die mehr oder weniger abgeschlossene Gesamtheit von Pflanzen* und deren Beziehungen zueinander.