Gefahr aus dem Himmel
Auch für Pflanzen mit genügend Wasser ist trockene Luft ein Stressfaktor
Leonie Schönbeck, Philipp Schuler, Marco M. Lehmann, Eugénie Mas, Laura Mekarni, Alexandria L. Pivovaroff, Pascal Turberg und Charlotte Grossiord
Heisse und trockene Sommer sind nicht nur eine Gefahr für die Gesundheit von Menschen, sondern auch für Pflanzen. Mit unserer Studie wollten wir untersuchen, wie sich warme und trockene Luftbedingungen auf den Wassertransport in Pflanzen auswirken. In Klimakammern mit unterschiedlichen Temperatur- und Feuchtigkeitsbedingungen haben wir deshalb junge Rotbuchen, Flaumeichen und Steineichen gezüchtet. Den Pflanzen haben wir dabei im Boden unbegrenzte Mengen Wasser zur Verfügung gestellt. Dann haben wir während einer ganzen Vegetationsperiode verschiedene Eigenschaften der Stämme und Blätter gemessen. An jenen Bäumen, die zwar gut bewässert waren, jedoch hohen Temperaturen und trockener Luft ausgesetzt waren haben wir Schäden festgestellt. Wir konnten zeigen, dass warme und trockene Luft selbst für gut bewässerte Pflanzen eine Belastung darstellen kann. Wir haben also zusätzlich zum bereits bekannten Risiko von Bodentrockenheit aufgrund ausbleibender Niederschläge eine neue potenzielle Bedrohung für die Gesundheit von Wäldern gefunden. Wir sind zum Ergebnis gekommen, dass die Auswirkungen von Bodentrockenheit und atmosphärischer Trockenheit unbedingt in Kombination betrachtet werden müssen, als eine «Gefahr aus zwei Richtungen». Denn nur unter Berücksichtigung aller möglichen Einflussfaktoren auf die Hydraulik und Funktionsfähigkeit von Pflanzen können wir genaue Vorhersagen über das Schicksal unserer Wälder machen.
Ohne Wasser können Pflanzen nicht funktionieren. Extreme Dürren werden sich in der Zukunft verstärken und länger andauern [IPCC_2023]. Jüngste Beispiele umfassen die extreme Dürre, welche Zentraleuropa 2018 heimsuchte. Solche Dürren können Ernteausfälle und weitreichendes Waldsterben zur Folge haben [C.D. Allen et al., 2015; M.E. Olson et al., 2020; V. Trotsiuk et al., 2021]. Viele Studien haben sich mit den Auswirkungen von Bodentrockenheit (aufgrund ausbleibender Niederschläge) auf Pflanzen in Natur und Landwirtschaft befasst. Ein viel weniger untersuchter Faktor jedoch ist der Effekt, den heisse und trockene Luft auf Pflanzen hat [C.D. Allen et al., 2015; C. Grossiord et al., 2020]. Über die letzten Jahrzehnte sind die Durchschnittstemperaturen weltweit angestiegen. Wärmere Luft kann mehr Wasser aufnehmen. Dieses saugt sie aus dem Boden und aus Pflanzen auf [S.M. Vicente-Serrano et al., 2018]. Diese Saugkraft wird Dampfdruckdefizit («vapor pressure deficit» oder VPD) genannt. Ein hoher Unterdruck, also ein hohes VPD, wird auch als atmosphärische Dürre bezeichnet. Die Luft nimmt dabei so viel Wasser auf, dass sie Pflanzen und Böden austrocknet. Es ist wichtig zu wissen, wie Pflanzen reagieren, wenn der Wasserbedarf der Luft zu solchen Extremwerten ansteigt. Pflanzen können wir nämlich bewässern, aber wir haben kaum Möglichkeiten, die Lufttemperatur zu senken oder die relative Luftfeuchtigkeit zu erhöhen, um den atmosphärischen Stress auf Pflanzen zu reduzieren.
Warum ist das VPD wichtig?
Eine Zunahme des VPD hat zur Folge, dass die Luft mehr Wasser von Blättern aufnimmt, Blätter verlieren also mehr Wasser. Wenn eine Pflanze mehr Wasser verliert, als sie über die Wurzeln wieder aufnehmen kann, steigt die Spannung der Wassersäule in den wassertransportierenden Holzteilen (Xylem) der Pflanze. Zu hohe Spannungen im Xylem können für die Pflanze gefährlich werden, da sich das Wasser vom flüssigen in den gasförmigen Zustand umwandeln und Luftblasen bilden kann (dieses Phänomen wird Embolie genannt). Vaskuläre Embolien sind gefährlich. Bei Menschen unterbrechen sie die Durchblutung, und bei Pflanzen den Wasserfluss. Blätter können den Wasserverlust kontrollieren und starke sowie zum Teil irreparable Schäden verhindern, indem sie ihre Stomata öffnen [J. Martínez-Vilalta et al., 2014]. Stomata sind winzige Poren auf den Blättern, über die Pflanzen Kohlenstoff aus der Atmosphäre aufnehmen und Wasser abgeben. Durch Forschung hat man herausgefunden, dass sich die Stomata bei zunehmendem VPD schliessen. Dank dieses Reaktionsmechanismus können Pflanzen grosse Wasserverluste verhindern und extrem hohen Spannungen vorbeugen, die zu einer Embolie führen würden. Einige Arten sind empfindlicher als andere und schliessen deshalb ihre Stomata schneller [F. Lens et al., 2011; A. Tixier et al., 2014]. Pflanzen, welche an trockene Bedingungen angepasst sind, reagieren weniger empfindlich auf die atmosphärische Saugkraft als solche, die in feuchten Umgebungen wachsen. Dazu kommt, dass der Schliessmechanismus der Stomata nicht sehr effizient ist, und Blätter zudem unkontrolliert Wasser über die Epidermis, der äusseren Blatthaut, verlieren. Pflanzen verlieren also auch über Nacht oder wenn die Stomata aufgrund niedriger Wasservorräte geschlossen sind, immer noch Wasser. Dieser vereinte Verlust wird als minimale Blattleitfähigkeit bezeichnet [R.A. Duursma et al., 2019]. Lange Zeit wurde der Einfluss der minimalen Blattleitfähigkeit unterschätzt. Heutzutage jedoch wird sie als wichtiger Faktor oder sogar letzter zur Austrocknung führender Schritt bei Pflanzen in Stresssituationen gewertet.
Warum ist die Temperatur wichtig?
Ein weiterer Grund, weshalb Pflanzen die Öffnungen ihrer Stomata regulieren, ist die Blatttemperatur. Die Photosynthese in Blättern funktioniert unter bestimmten optimalen Temperaturen am besten. Durch die Kontrolle der Stomata-Öffnung und damit der Menge an aus dem Blatt verdunstenden Wassers kühlt das Blatt gegenüber der Aussentemperatur ab, ähnlich wie der Vorgang des Schwitzens bei Menschen. Auch hier haben Arten unterschiedliche Toleranzgrenzen für hohe Temperaturen. Einige, an hohe Temperaturen gewöhnte Arten brauchen weniger Wasser, um ihre Blätter zu kühlen [C.A. Knight and D.D. Ackerly, 2002]. Dürre und Temperaturtoleranz haben deswegen wahrscheinlich einen starken Zusammenhang. Sind die Pflanzen gleichzeitig hohen Temperaturen und hohem VPD ausgesetzt, erfordert dies möglicherweise widersprüchliches Verhalten der Stomata. Ein höheres VPD verlangt das Schliessen der Stomata (um eine Embolie zu verhindern) und höhere Temperaturen das Öffnen der Stomata (zur Regulierung der Blatttemperatur und um das Überhitzen der Blätter zu verhindern). Dies führt zur Frage, wie Pflanzen sich in einer Welt verhalten, in der sowohl Temperatur als auch VPD ansteigen, wie es für die kommenden Jahrzehnte vorausgesehen wird.
Wegen vieler Extremsommer mit wenig Niederschlag gibt es zahlreiche Studien über die Auswirkungen von Bodentrockenheit auf Pflanzen. Wir hingegen wollten wissen, wie Temperatur und VPD Pflanzen beeinflussen, auch wenn im Boden genug Wasser vorhanden ist. Solche Bedingungen gelten zum Beispiel während einer Hitzewelle, welche auf eine Zeit ausgiebigen Regens folgt, oder für künstlich bewässerte Vegetation (zB. in landwirtschaftlichen Systemen oder städtischer Vegetation). Wenn solche Luftbedingungen bei Pflanzen Stress auslösen, dann wissen wir, dass Bewässerung allein in der Zukunft möglicherweise nicht ausreicht, um ihr Überleben zu sichern. Deshalb haben wir Tests an drei europäischen Baumarten aus verschiedenen Klimazonen durchgeführt: an der Rotbuche (Fagus sylvatica), bekannt für ihre Vorliebe für feuchte Böden und kühle Temperaturen; an der Flaumeiche (Quercus pubescens), einer relativ dürreresistenten Art aus Zentraleuropa; und an der Steineiche (Quercus ilex), welche in trockeneren, mediterranen Regionen heimisch ist [L.C. Schönbeck et al., 2022]. Wir gingen davon aus, dass diese Arten aufgrund ihrer evolutiven Anpassung an wärmeres, trockeneres respektive kühleres, feuchteres Klima spezifische Reaktionen auf höhere Temperaturen und VPD aufweisen würden. Unsere Annahme: höheres VPD und höhere Temperaturen führen ohne Bodentrockenheit zu Spannung im Wassertransportsystem des Xylems der Pflanzen. Wir erwarteten, dass diese Auswirkung bei der Buche stärker ausfallen würde als bei den beiden Eichenarten.
Wie misst man Stress und Funktionsfähigkeit einer Pflanze?
Diese Hypothesen haben wir mit Tests in Klimakammern überprüft. In einer natürlichen Umgebung ist es schwierig, Temperatur und VPD losgelöst von anderen Faktoren zu betrachten und zu beeinflussen, da sie jeweils voneinander abhängig sind. In der kontrollierten Umgebung von Klimakammern stellen wir sicher, dass die von uns gemessenen Reaktionen der Pflanzen von den von uns veränderten Parametern beeinflusst wurden – Temperatur und VPD – und nicht von anderen Einflussfaktoren, welche in der Natur vorkommen. Für die Studie nutzten wir insgesamt sechs Klimakammern, in denen Temperatur, Feuchtigkeit und Licht kontrolliert werden können. In jede Kammer haben wir von jeder der drei Arten – Rotbuche, Flaumeiche und Steineiche – mehrere eingetopfte Pflanzen gestellt und diese über 6 Monate hinweg beobachtet. Die Pflanzen waren jeweils dreijährig und etwa 50cm hoch. Drei der Kammern haben wir auf 25°C geheizt, die anderen drei auf 30°C. Durch Anpassung der relativen Luftfeuchtigkeit der drei Kammern jeden Temperaturlevels erhielten wir insgesamt jeweils zwei Kammern mit niedrigem, zwei mit mittlerem und zwei mit hohem VPD. So konnten wir die individuellen Auswirkungen des VPD und der Temperatur sowie deren kombinierte Interaktion auf die Reaktionen der Pflanzen testen, was in der Natur unmöglich gewesen wäre.
Mit verschiedenen Messungen haben wir den Zustand der Bäume überwacht. Mithilfe eines Infrarot-Gasanalysators zum Beispiel haben wir die stomatäre Leitfähigkeit gemessen, also den Wasserfluss durch die Stomata. Dafür wird ein Blatt in einen Glasbehälter mit kontrollierten Licht-, Feuchtigkeits- und Temperaturbedingungen geklemmt. Dann haben wir das VPD durch das Absenken der relativen Luftfeuchtigkeit langsam erhöht und die Schliessungsrate der Stomata mit dem VPD verglichen. Das Blattwasserpotenzial, also die Spannung der Wassersäule in den Blattadern, haben wir in einer Druckkammer erfasst, welche Druck auf das Blatt ausübt, um das Wasser darin herauszupressen. Man nimmt an, dass der Druck, der benötigt wird, um Wasser aus Blättern zu pressen, der Spannung in den Blattadern entspricht. Die minimale Blattleitfähigkeit, also die Menge an Wasser, die das Blatt bei geschlossenen Stomata trotzdem verliert, kann gemessen werden, indem man einzelne Blätter für ein paar Stunden in einen dunkeln Raum hängt. Dadurch wird dem Blatt vorgegaukelt, es wäre Nacht, wodurch sich die Stomata schliessen. Der Gewichtsverlust des Blattes während der Versuchszeit entspricht dem Wasserverlust. Und in einer letzten Messung betrachteten wir die Gefässe innerhalb der Stämme mit moderner Röntgen-Mikrotomografie (µCT), um herauszufinden, welche mit Wasser gefüllt waren und noch funktionierten, und welche nicht mehr funktionierten, weil sie Luftblasen enthielten. Anschliessend berechneten wir den prozentualen Verlust der hydraulischen Leitfähigkeit anhand der Anzahl Gefässe mit Embolie im Vergleich zur Gesamtzahl an Xylemen.
Warme und trockene Luft kann Bäumen schaden, auch wenn ihre Wurzeln gut bewässert sind
Mithilfe der Röntgen-Mikrotomografie-Aufnahmen haben wir herausgefunden, dass sogar gut bewässerte Bäume infolge von erhöhter Temperatur und VPD mehr Gefässe mit Lufteinschlüssen aufweisen. Der Wassertransport in diesen Gefässen war also aufgrund zu hoher Wasserspannung blockiert. Diese Schäden haben wir vor allem an Rotbuchen festgestellt. Diese Art erlitt in den vergangenen Jahren grosse Verluste. In Einklang mit diesen Resultaten stellten wir auch in den Blattadern grössere Wasserspannung als Reaktion auf hohe Temperatur und VPD fest. Wie erwartet hat die dürreresistentere Steineiche keine Schäden aufgrund höherer Temperatur und VPD erlitten, und die Ergebnisse der Flaumeiche lagen zwischen den beiden anderen Arten. Die Messungen entsprachen unseren Erwartungen, dass zwischen an Dürre gewohnten und nicht gewohnten Arten ein Gefälle in der jeweiligen Reaktion auf VPD bestehen würde. Ebenfalls haben wir herausgefunden, dass die minimale Blattleitfähigkeit, also die Menge an Wasser, die das Blatt bei geschlossenen Stomata verliert, ein wichtiger Grund für diese Schäden sein könnte. Wir stellten eine positive Korrelation zwischen minimaler Blattleitfähigkeit und dem prozentualen Verlust der Leitfähigkeit fest. Das bedeutet, dass Pflanzen mit einem höheren Wasserverlust über die Blätter ein grösseres Risiko aufweisen, in Zeiten von Stress Lufteinschlüsse in den Xylemen zu erleiden.
Abbildung 1: A) Die stomatäre Leitfähigkeit des Blattes einer Flaumeiche wird mithilfe eines Gasaustauschgeräts gemessen. B) Ein junger Baum wird an einem stabilen Rahmen befestigt und unter einen Röntgen-Mikrotomografie-Scanner platziert. C) Abbildungen des Röntgen-Mikrotomografie-Scans der drei untersuchten Arten: Rotbuche (F. sylvatica), Flaumeiche (Q. pubescens) und Steineiche (Q. ilex). Die hellgrauen Bereiche zeigen Holz und mit Wasser gefüllte Gefässe, und die dunkelgrauen Punkte weisen auf Gefässe mit Lufteinschlüssen hin.
Diese Ergebnisse können wir mit einer gängigen Theorie aus der Pflanzenbiologie erklären: den Kompromiss zwischen Sicherheit und Leistungsfähigkeit [C. Grossiord et al., 2020]. Pflanzen stecken entweder Energie in Sicherheit, das heisst in starke, widerstandsfähige Blätter und hartes, dichtes Holz, welches starke Spannungen übersteht. Damit nehmen sie aber einen weniger effizienten Wassertransport in Kauf. Oder sie stecken Energie in die Leistungsfähigkeit, was ihnen eine hohe Wassertransportfähigkeit, hohe Photosyntheseraten und schnelleres Wachstum ermöglicht. Dabei müssen sie jedoch den Kompromiss eingehen, weniger gut gegen Dürrestress geschützt zu sein. Die Rotbuche ist ein ausgezeichnetes Beispiel einer Art, welche sich für Leistungsfähigkeit entschieden hat. Ihre grossen Kronen mit dünnen Blättern verlieren viel Wasser, und sie wachsen generell auf feuchten Böden. Man hat ebenfalls herausgefunden, dass die Rotbuche dazu neigt, ihre Stomata offenzuhalten und Wasser zu verlieren, statt Wasserverlust zu verhindern [L. Walthert et al., 2021]. Das führt unter Umständen zum Abwerfen von Blättern, wenn der Wasserverlust so gross ist, dass der Baum Schäden davonträgt. Dieses Verhalten wurde zum Beispiel während der Dürreperiode im Jahr 2018 in Europa beobachtet, als viele Buchen ihre Blätter viel früher als erwartet bereits im Spätsommer verloren haben [M. Arend et al., 2022]. Dies ist vielleicht eine erfolgreiche Strategie, um durch einzelne Extremjahre zu kommen, aber wiederholte Dürren könnten die Lebenskraft dieser Bäume ernsthaft beeinträchtigen, da sie ihre Blätter durch das frühe Abwerfen nicht lang genug nutzen können. Eine Investition von Kohlenstoff in neue Blätter wird dadurch weniger effizient.
Eichen gelten allgemein als dürretolerant, jedoch gibt es viele unterschiedliche Eichenarten [A. Vilagrosa et al., 2012]. Die beiden für diese Studie untersuchten Eichenarten haben sehr spezifische Eigenschaften: Die Steineiche ist eine immergrüne Art mit harten, widerstandsfähigen Blättern, während die Flaumeiche ihr Laub im Herbst abwirft und im Frühling wieder wachsen lässt. Das Holz der Steineiche besteht aus dünnen Gefässen, welche den Baum härter machen, dafür aber weniger gut Wasser transportieren. Das Holz kostet also viel Energie und Kohlenstoff in der Herstellung, bietet aber auch Schutz vor Stress. Dank dieser Eigenschaften ist die Steineiche gut an trockene Umgebungen angepasst. Man hat nachgewiesen, dass die Art gut mit einem breiten Spektrum extremer Bedingungen umgehen kann, von kalt zu warm und von feucht zu trocken [J.I. Garcı́a-Plazaola et al., 1999]. Die Flaumeiche hat eine etwas risikofreudigere Strategie. Ihr Holz und ihre Blätter transportieren Wasser effizienter, aber der Baum muss Einbussen in seiner Sicherheit in Kauf nehmen. Die Unterschiede der beiden Arten kamen in dieser Studie gut zum Vorschein. Die Steineiche hat als schnelle Reaktion auf die veränderten Umweltbedingungen den Blattgasaustausch und sogar die Dürretoleranz ihrer Blätter angepasst. Dadurch konnte sie Schäden an den Xylemen verhindern. Die Flaumeiche wies eine langsamere aktive Reaktion auf und erlitt höhere Verluste der Wasserleitfähigkeit ihrer Xyleme. Trotzdem zeigten beide Arten weit weniger Stresssymptome als die Buche. Die beiden Eichenarten mussten also noch nicht um ihr Überleben kämpfen, was auf eine allgemein gute Dürretoleranz hinweist.
Die Tragweite dieser Erkenntnisse
Durch unsere Studie konnten wir zeigen, dass hohe Lufttemperaturen und hohes VPD auch für gut bewässerte Pflanzen belastend sein können. Wir haben also zusätzlich zum bereits bekannten Risiko von Bodentrockenheit aufgrund ausbleibender Niederschläge eine neue potenzielle Bedrohung für die Gesundheit von Wäldern gefunden. Noch beachtlicher ist, dass die Ergebnisse bei nicht einmal sehr stark erhöhter Temperatur und VPD festgestellt wurden. Das ist wichtig, denn während zukünftige Temperaturveränderungen bereits relativ zuverlässig vorhergesagt werden können, herrscht Unsicherheit über die zukünftigen Veränderungen der Luftfeuchtigkeit [S.M. Vicente-Serrano et al., 2018]. Vorhersagen darüber zu treffen, wie Wälder auf den Klimawandel reagieren werden, ist also immer noch eine Herausforderung. Nichtsdestotrotz konnten wir aufzeigen, wie Arten wie die Buche, welche nicht an Bodentrockenheit angepasst sind, auch bei einem Anstieg der Lufttrockenheit ein erhöhtes Risiko für hydraulische Schäden aufweisen. Diese Erkenntnis ist sehr wichtig für genaue Vorhersagen über die Produktivität, Gesundheit und Sterblichkeit von Pflanzen.
Man kann sagen, dass die Bedingungen in Klimakammern sehr weit von Bedingungen in der echten Welt entfernt sind. Das ist teilweise wahr, aber trotzdem liefert die Arbeit mit Klimakammern einen unverzichtbaren Beitrag zum grundlegenden Verständnis darüber, wie Pflanzen in der echten Welt auf künftige Klimaveränderungen reagieren werden. Zukünftige Arbeiten sollten weiterhin am VPD und an Temperaturfaktoren forschen und versuchen, die in dieser Studie erzielten Ergebnisse in natürlichen Umgebungen zu reproduzieren. Zusätzlich ist es unumgänglich, die kombinierten Effekte von Bodentrockenheit und atmosphärischer Trockenheit auf Pflanzen zu betrachten, da diese eine «Gefahr von zwei Seiten» darstellen. Denn nur unter Berücksichtigung aller möglichen Einflussfaktoren auf die Hydraulik und Funktionsfähigkeit von Pflanzen können wir genaue Vorhersagen über das Schicksal unserer Wälder machen.